Rede zur Vergabe des Kritikerpreises am 18. Dezember 2013
an Nicola Kuhn, Tagesspiegel Berlin

Einen Preis zu vergeben, ist die reine Freude. Sie beginnt schon dann, wenn die Idee aufkommt und die Pläne entwickelt werden. In diesem Fall aber war auch Ärger im Spiel, Ärger darüber, dass sich zu viele Ausstellungskritiken damit begnügen, über die Ausstellung einfach zu berichten und Inhalte zu referieren. Die Gestaltung, die Wirkung auf die Besucher bleiben oft außer acht. Die Kritik kommt zu kurz. Zuweilen drängt sich die Frage auf, ob der Autor die Ausstellung überhaupt gesehen oder nur den Katalog gelesen hat.

Dieses Ärgernis führte zu dem Plan, einen Preis für Ausstellungskritikerinnen und Ausstellungskritiker auszuloben. Die kleine Stiftung vergab bisher nur einen Preis für Kuratoren, die außergewöhnliche Ausstellungen verwirklicht haben. Der Stiftungsvorstand griff die neue Idee begeistert auf, war doch der Kritikerpreis eine sinnvolle Ergänzung zum Museumspreis.

Für den Kritikerpreis wurde eine Jury berufen, bestehend aus:

Swantje Karich, Redakteurin im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

Dr. Volker Rodekamp, Präsident des Deutschen Museumsbundes

Dr. Friedrich Scheele, Vorsitzender des Museumsverbandes für Niedersachsen und Bremen

Dr. Sabine Schormann, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der hbs kulturstiftung und Stiftungsdirektorin der Niedersächsischen Sparkassenstiftung

Dr. Heinz Schirnig, Stifter, ohne Stimmrecht

Mir liegt daran, an dieser Stelle der Jury ebenso herzlich für ihre Arbeit zu danken, wie Frau Dr. Sabine Schormann und Frau Martina Fragge von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung für die hervorragende Organisation und Ihnen, Herr Lorenz Maroldt als Chefredakteur des Tagesspiegel, für die Gastfreundschaft in Ihrem Hause.

Bevor ich den Preis überreiche, lassen Sie mich ein paar Worte zum Hintergrund dieser Preisvergabe einfügen. Was ist die kleine hbs kulturstiftung und wie kommt sie dazu, einen Preis für Ausstellungskuratoren und einen Preis für Ausstellungskritiker zu vergeben? Ich hatte die Freude, im ersten Teil meines Berufslebens in einem Museum und im zweiten Teil in einer Stiftung arbeiten zu können. Die Folge war die Gründung der eigenen kleinen Stiftung. Meine Frau und ich waren von den großartigen Möglichkeiten und langfristigen Wirkungen von Stiftungen fasziniert. Die Idee des Stiftens hat uns angesteckt. Wir begreifen uns nicht etwa als Wohltäter, sondern tun einfach das, was uns Freude macht und wichtig erscheint. Wir verwirklichen unsere eigenen Ideen und Pläne. Indem wir etwas Gemeinnütziges tun, tun wir gleichzeitig etwas für uns selbst. Museumspreis und Kritikerpreis entsprangen dem persönlichen Interesse an Ausstellungen. Der Kritikerpreis, das füge ich im Hause des Tagesspiegel gern hinzu, entspringt auch dem Interesse eines aufmerksamen Zeitungslesers. Schließlich liegt uns noch etwas am Herzen, nämlich andere zu verleiten, mit ihrem Geld für sich und die Allgemeinheit ebenso etwas Sinnvolles anzufangen.

Nicht die Stifter stehen im Vordergrund. Sie verbergen sich im Stiftungsnamen hinter dem Kürzel hbs. Im Zentrum stehen die Preisträger. Die Jury hat Ihnen, sehr geehrte Nicola Kuhn, einstimmig den Preis zuerkannt und damit mir die große Freude verschafft, Ihnen den Preis zu übergeben. Dass wir eine würdige Preisträgerin gefunden haben, hat Swantje Karich in der Laudatio begründet. Sie werden nicht erwarten, liebe Frau Kuhn, von mir den immer noch nicht ausgestorbenen, ebenso überdimensionierten wie albernen Scheck überreicht zu bekommen. Das Preisgeld befindet sich längst auf Ihrem Konto.

Ich überreiche Ihnen die Urkunde, in der es heißt:
Nicola Kuhn wird mit dem Kritikerpreis 2013 der hbs kulturstiftung ausgezeichnet.
Prämiert wird die Kritik »Jeder Künstler ist ein Mensch // Der Hamburger Bahnhof öffnet sich dem Riesenwerk des Martin Kippenberger – eine posthume Verbeugung.«, die am 22. Februar 2013 im Tagesspiegel erschienen ist.
Aus der Begründung der Jury: »Nicola Kuhns Artikel besticht durch ihren kritischen Blick auf die Ausstellung. Sie legt – den Ansprüchen des Preises gemäß – ihr Augenmerk nicht nur auf das Werk des Künstlers, sondern obduziert mit scharfem Ton und präzisen Argumenten, warum sie gerade die Berliner Schau für misslungen hält. In einer Zeit, in der positive Besprechungen von Ausstellungen die Regel sind, beweist sie Mut. Nicola Kuhn führt eine mittlerweile oft vergessene Wahrheit vor Augen: Ein kluger, gut argumentierter Verriss bringt alle weiter – und hält die Kunstkritik am Leben.«

Gez. Dr. Sabine Schormann, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
Gez. Dr. Heinz Schirnig, Stifter

Herzliche Gratulation!